Wildbienen brauchen Platz – auch im Boden
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Fast die Hälfte der Schweizer Wildbienen ist gefährdet – viele davon nisten im Boden. Doch gepflegte Rasenflächen und versiegelte Böden nehmen ihnen den Lebensraum. Mit einfachen Massnahmen im Garten können Sie wertvolle Nistplätze schaffen und die Artenvielfalt fördern.
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Wildbienen brauchen Raum
Unsere Bestäuber stehen unter Druck. Fast die Hälfte der Schweizer Wildbienen ist gefährdet, 59 Arten sind bereits verschwunden. Ein Hauptproblem ist der Mangel an geeigneten Nistplätzen: Morsches Totholz und abgestorbene Pflanzenstängel findet man in Gärten und aufgeräumten Landschaften kaum noch. Und auch offene Bodenstellen werden oft bepflanzt statt belassen. In vielen Gärten gilt ein dichter, grüner Rasen als ideal, und lückige Flächen werden schnell mit frischen Rasensamen bestreut.
Nester im Boden
Über die Hälfte der Schweizer Wildbienen nisten im Boden. Dazu gehören beispielsweise die Sandbienen oder auch die Seidenbienen. Für sie sind Wildbienenhotels wertlos. Ihre Ansprüche an den Nistplatz sind oft sehr spezifisch – Faktoren wie Bodenart (z. B. Sand, Lehm, Löss), deren Verdichtung oder die Sonneneinstrahlung spielen eine entscheidende Rolle. Zentral ist auch der Bewuchs des Bodens: Einige Bienen bevorzugen Stellen, die frei von Vegetation sind, während andere einen dichten Bewuchs mögen.
Auf dem entsprechenden Boden bilden die Wildbienen Nestgänge, die teilweise bis zu einem halben Meter tief sind, und legen dort Brutkammern an. Die Larven ernähren sich von einem Nahrungsvorrat, den das Weibchen vor dem Verschliessen der Brutkammer bereitstellt. Dieser besteht aus einem Gemisch aus Pollen und Nektar. Sobald das Ei schlüpft, beginnt die Larve, den Vorrat zu verzehren, bis sie sich schliesslich verpuppt und als erwachsene Biene den Nestgang verlässt.
Fallbeispiel Frühlings-Seidenbienen
Zu den Bodennestern zählen die Frühlings-Seidenbienen (Colletes cunicularius), die stellenweise im Siedlungsraum in grosser Zahl auftreten. Neben einigen Mauer- und Pelzbienen gehören sie zu den Arten, die bereits anfangs März aktiv werden.
Um ihre Brut zu versorgen, benötigen sie früh blühende Pflanzen. Besonders die Blüten der Weiden (Salix), vor allem die Weidenkätzchen der Sal- und Grauweide ziehen sie an. Lange Zeit hielt man sie für streng auf Weiden spezialisiert. Neuere Beobachtungen zeigen jedoch, dass sie auch Pollen von Obstbäumen wie Birne und Apfel nutzen, wenn diese verfügbar sind.
Die Flugzeit der Frühlings-Seidenbienen dauert nur etwa sechs Wochen. In dieser Zeit legen die Weibchen im Boden, oft auf leicht geneigten Flächen, ihre Nester an. Sie leben solitär, das heisst, jedes Weibchen baut selbst Nestgänge, legt Eier und versorgt die Brutkammer mit Pollen, damit die Larven nach dem Schlupf Nahrung finden. Das Weibchen kleidet die Kinderzimmer mit einem Drüsensekret aus, das ein seidiges Gewebe bildet und den Nachwuchs vor Schimmel und Nässe schützt.
Die Larven verpuppen sich und entwickeln sich bereits im Sommer zu flugfähigen Bienen. Sie bleiben jedoch den ganzen Herbst und Winter im Boden und verlassen erst mit der warmen Märzsonne die Nester. Das sorgt vor allem in Parks oder auf Spielplätzen für Aufsehen: An guten Nistplätzen entstehen oft mehrere hundert bis tausende Nester. Nach dem Schlupf schwirren die Männchen ungeduldig über dem Boden und warten auf ein Weibchen zur Begattung. Sobald ein Weibchen aus dem Erdnest schlüpft, stürzen sich mehrere Männchen auf sie und bilden ein faustgrosses Knäuel. Nach der Begattung beginnt das Weibchen mit der Nestanlage, oft am gleichen Ort.
Trotz der dichten Ansammlungen sind Frühlings-Seidenbienen für Menschen völlig ungefährlich. Zwar besitzen die Weibchen einen Stachel, doch dieser ist schwach und wird nur in äusserster Not eingesetzt. Nach sechs Wochen aktiven Flug und Nestbau sterben die Frühlings-Seidenbienen. Die anfänglich stark beflogene Nestansammlung wirkt danach unscheinbar und verwaist. Im Boden aber wächst in den Seidenzimmern eine neue Generation an, gut versorgt mit Pollen und bald schon bereit für das grosse Ausfliegen im kommenden März.
So helfen Sie Bodenbrütern
Schaffen Sie in Ihrem Garten vegetationsarme Bodenstellen an sonniger Lage. Dazu gehören auch lückenhafte Rasenflächen, die aufgrund der Trockenheit im Sommer gelitten haben oder auch Randbereiche von Blumenbeeten oder Wegränder. Auch Böschungen mit wenig Bewuchs oder Abbruchkanten sind besonders wertvoll sowie offene Böden entlang von Hausmauern. Geeignet sind auch sandige Fugen zwischen Bodenplatten.
Bodenverbesserer
Forschende von Agroscope, der ETH Zürich und der schwedischen Universität für Agrarwissenschaften haben gezeigt, dass bodennistende Wildbienen die Bodengesundheit verbessern. Sie lockern den Untergrund auf, durchlüften ihn und erhöhen die Wasseraufnahmefähigkeit. Wildbienen sind also nicht nur oberirdische Helfer, sondern fördern auch unterirdisch das Pflanzenwachstum.